5 Gründe gegen Brunello

5 Gründe gegen Brunello

Das wichtigste in Kürze

Wozu überteuerten Brunello trinken, wenn es viel bessere Sangiovese-Weine aus dem Chianti Classico gibt? Italien-Kenner Steffen Maus rechnet mit den Brummern aus Montalcino ab und nennt eine köstliche Alternative für kleines Geld.

Seit 20 Jahren reist Weinjournalist und Buchautor Steffen Maus durch Italiens Anbauregionen und verkostet Weine für seine Seite → Wein-Welten.com.

Auf einer dieser Reisen lernte der Captain Steffen kennen und beide freundeten sich an. Der Rest ist Geschichte. Hier erklärt Steffen Maus, warum er lieber guten und leistbaren Chianti Classico trinkt als irre teuren Brunello.

1. Brunello kostet zu viel
Die Spitzenweine Chianti Classico Riserva und Gran Selezione sind immer noch günstiger als Brunello di Montalcino, der mit dem Jahrgang 2015 bei etlichen Weingütern im Preis stark angezogen hat. Zwei Beispiele von vielen sind Il Poggione – von 32 auf 42 Euro und Canalicchio di Sopra von 42 auf 55 Euro innerhalb von nur drei Jahren. Zudem ist der günstigere Brunello-Zweitwein Rosso di Montalcino wenig gefragt und wird daher von den Weingütern stiefmütterlich behandelt. Der normale Chianti Classico (Annata) ist dagegen eine wichtige Referenz und Visitenkarte für seine Winzer im Chianti.


2. Seit Jahren erhält der Brunello überzogene Bewertungen
Die Bewertungen der amerikanischen Weinschreiber angefangen von → Winespectator bis zum in Asien populären → James Suckling treiben die Preise. Manche unterstellen ein kalkuliertes Spiel mit dem Handel, denn mit kleineren Mengen lässt sich gut spekulieren. Lange waren es nur 5 bis 6 Mio. Flaschen pro Jahr, jetzt wurden schon 10 Mill. Flaschen 2015er-Brunello weltweit verteilt. Vom Chianti Classico gibt es seit Jahren zwischen 30 bis 35 Mio. Flaschen, davon nur rund 2 Mio. Flaschen der jungen Spitzenkategorie Gran Selezione. Hoffen wir, dass die Classico-Winzer auf dem Teppich bleiben, und die Kritiker nicht auch hier die Preise nach oben treiben. Im Chianti das Gallo Nero gibt es neben den 20 berühmten Weingütern noch einmal mehr als 130 Betriebe mit grandiosen, eigenständigen und handwerklich gut gemachten Sangiovese-Weinen. Im Brunello-Gebiet sind es lediglich 40 bis 50 Weingüter mit Format und eigenem, sauberen Stil.


3. Heißes Brunello-Terroir = knifflige Weinbereitung
Es fehlt etlichen ehemaligen Weinbauern in Montalcino, die ihre Weine erst seit 15 Jahren selber abfüllen, an Erfahrung in der Weinbereitung. Die Anzahl der Weingüter und die Rebflächen haben sich in den Neunzigern verdoppelt. In den überwiegend heißen und trockenen Jahren baut sich viel Stress in Rebe und Traube auf. Der Zuckergehalt (und resultierende Alkohol) geht vor der Ernte durch die Decke. Der Großteil der jungen Weinberge liegen in den südlichen, sehr heißen Lagen von Montalcino, in Castelnuovo d’Abate bzw. Colle Sant’Angelo. Es ist verständlicherweise schwer, bei 30 bis 40° im Weinberg über Wochen Frucht und Harmonie zu erhalten.


4. Frischere Aromen und moderatere Gerbstoffe beim Chianti
Das Klima des heißen und trockenen Montalcino bedingt verkochte, marmeladige Aromen und ein gestresstes Gesamtgefühl des Weines. Sangiovese ist kein Negroamaro oder Nero d’Avola, der an die Hitze angepasst ist. Sangiovese ist im Gerbstoff und der Frucht eine empfindliche Rebsorte und eine in Weinberg und Keller herausfordernde Traube mit dünnen Beerenschalen und fragilen Aromen. Deshalb liebt sie die kühleren Gegenden im Chianti. Hier fühlt sie sich wohl, die Winzer sind klar im Vorteil.

Beim Chianti Classico dominieren Kirsche und Veilchen, die Gerbstoff sind zwar auch fordernd, zugleich aber eleganter im Gegensatz zu den massiven Brunello-Tanninen, bedingt durch Klon, südliche Lage, Boden und Lagerpotenzial. Beim berühmten Brunello ist neben Kirsche und Veilchen eine dritte Geschmackssäule von tragender Funktion: ätherische Trockenkräuter. Das kann sich störend auf die anderen beiden Komponenten auswirken.

Der Captain bat Steffen Maus nach einem anschaulichen Beispiel für so einen Chianti Classico, den er vorbehaltslos empfehlen kann und bekam prompt eine Flasche zugestellt – den Chianti Classico Poggio al Sole, der auch dem Captain gut gefiel:

Sehr dunkles und sattes Rot mit Tendenz ins Schwarz. In der Nase dunkelwürzig und ein bisschen wild nach Unterholz, Nelke und kandierter Orangenschale. Ich rieche noch dunkle, fast schwarze, Graubrotrinde, trockene Wildkräuter und etwas Bratensaft. Im Mund geht es genauso würzig weiter. Ich schmecke pikante Noten nach Thai-Basilikum, schwarzen Pfeffer, salzige Noten nach Blut und dunklen Früchten, die gar nicht leicht zu definieren sind. Da sind Pflaume, Kirsche, aber auch Brombeere, getrocknete Feige und rote Beete. Ich stelle mir vor, wie dieser Wein zu Kümmelbraten, Wild, pikanter Thai-Küche oder den scharfen Gerichten der traditionellen Sichuan-Küche passt, die mit dem Gebrauch von Knoblauch und Chili glänzt. Der Chianti Classico von Poggio al Sole ist der „kleinste“ Wein des Betriebs, aber ein Tropfen, der wirklich Freude macht und für seine Qualität nicht viel kostet.


5. Man schmeckt 300 Jahre Weinbau-Vorsprung

In den Hügeln von Florenz und Siena gibt es den Chianti schon seit den 1820er-Jahren. Sehr erfolgreich war er zu Beginn des zwanzigsten Jahrhunderts. In den 1980ern kauften sich wohlhabende Menschen aus ganz Europa mit klaren Überzeugungen ein Weingut und das zugehörige Toskana-Feeling. Im Vergleich ist das Gebiet von Montalcino ein arides Bauernland, in dem die Menschen vor dem Brunello-Boom in bescheidenen Verhältnissen lebten. Noble Familien wie Biondi-Santi oder Cinelli-Colombini sind Ausnahmen.

Für das menschliche Gemüt ist es gar nicht so einfach, den rasanten Erfolg der letzten 30 Jahre zu verkraften und innerlich mitzuwachsen. Junge Weinbauern wurden über Nacht zu gefragten Weinerzeugern. Das brachte viel Gutes, doch wurde das Land in Montalcino auch zum Spekulationsobjekt für Investoren aus der ganzen Welt. Irgendwie passt das nicht zusammen. Das berühmte Weingut Biondi-Santi ist nun Teil des Portfolios der französischen Luxus-Gruppe EPI (Piper-Heidsieck, Charles Heidsieck, Château la Verriere).

Weintest

Poggio al Sole Chianti Classico

Insbesondere die blass-modernen und sehr vornehm wirkenden Roséweine aus südlichen Ländern, die auf Instagram rauf und runter gezeigt und beworben werden, sind echte Klimakiller, weil ihre Herstellung sehr viel Kühlungsenergie frisst. Zunächst aber zu meinem Mittagswein, dem saftig-intensiven → Rossi Rosé von Jürgen Hofmann in Appenheim, der sogar noch frisch schmeckte, als er eine Stunde lang im warmen Sommerwetter stand. Der Warmtrinker-Test ist übrigens ein ziemlich brauchbarer Trick, um bessere Rosés von schlechten zu unterscheiden. Funktioniert auch bei Weißwein. Und so schmeckt dieser Wein: Im Glas leuchtendes Hellrosa mit Tendenz Richtung Knallpink. In der Nase rotbeerige Frische, Orangenschale, kandierte Kirsche. Im Mund unerwartet saftig und von rassiger Säure getrieben, dass es eine Freude ist. Ich schmecke Rote Johannisbeere (Ribisel), Limette, Apfel, Orange. Super Zug und tolle Trinkigkeit durch behutsam eingeträufelte Süße. Dieser Rosé ist tatsächlich Wein, was man bei vielen weinähnlichen Getränken in dieser Farbkategorie bezweifeln muss. Und er schmeckt auch so.

Weinletter

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Jetzt aber zum Thema Klimakiller Rosé. Matthias Bougreau ist Önologe am Centre du Rosé (gehört zum Institute Français de la Vigne et du Vin) in der Provence und bringt Ernst in das Spaßprodukt Rosé. Das ist sein → Facebook-Profil.


90% der provencalischen Weine sind rosafarben. Matthias sagt, die Tendenz zu extrem blassen Roséweinen aus industrieller Produktion ist ein großes ökologisches Problem, denn die Herstellung benötigt permanente Kühlung über viele Monate, bis der Wein abgefüllt ist. Zitat: Das ist ungesund. Wir können kein Produkt haben, das die Umwelt respektiert, wenn es sechs Monate lang bei vier Grad Celsius aufbewahrt wird.


Die Mehrzahl der Roséweine stammt aus maschineller Lese. Das bricht die Trauben auf, die sofort anfangen zu oxidieren und zu mazerieren. [Mazeration ist die Gewinnung von Extrakten durch Ziehenlassen von Pflanzenteilen in Flüssigkeiten wie Alkohol, Öl oder Wasser.]


Je mehr Mazeration stattfindet, desto massiver muss die Farbe korrigiert werden, die aus den roten Traubenschalen in den Most gerät, wenn man elegant wirkenden Rosé erzeugen will. Deshalb werden vor und nach der Gärung aggressive Schönungsmittel zum Farbmanagement eingesetzt.


Die Farbpigmente von Wein stecken in Polyphenolen. Diese Verbindungen helfen auch, ihn vor Oxidation zu schützen. Je massiver diese Polyphenole durch Kaltklärung, Schönung und Filtration aus einem Wein entfernt werden, desto anfälliger wird er für Oxidation. Er benötigt dann mehr Zusätze – normalerweise Schwefel, aber auch Ascorbinsäure (Vitamin C) und bestimmte Hefen.


Das klingt alles nicht gut. Noch schlimmer aus ökologischer Sicht ist jedoch die Kühlung, die erforderlich ist, um sehr helle Rosés in warmen Regionen herzustellen. Die meisten Winzer nutzen die Temperaturkontrolle für verschiedene Weinstile: zur Klärung der Moste, zur Vermeidung von Oxidation und zur Sicherstellung einer bestimmten Gärdynamik. Blasser Rosé aus warmen Regionen erfordert aber viel mehr Kühlung während der gesamten Herstellung als jeder andere Weintyp.

Überschrift H3

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