- Land: Neuseeland
- Region: Marlborough
- Hersteller: Villa Maria Estate
- Typ: Weißwein
- Geschmacksrichtung: trocken
- Rebsorte: Chardonnay
Manchmal habe ich Sehnsucht nach den 90ern, als Supermodels noch echte Supermodels waren und alle tropisch-fruchtigen Chardonnay tranken.
Seit fast 20 Jahren rümpft die Weinszene ihre feinen Näschen über klassischen, üppigen Chardonnay mit viel Frucht und Schmackes.
Aber dieses Naserümpfen ist inzwischen out of fashion. Und der besagte Weintypus ein Klassiker: vollmundiger, tropisch gestylter und herrlich würziger Chardonnay aus dem Holzfass.
Solche Weine waren irre angesagt als George Michel mit einem Rudel Supermodels durch die Altbauwohnung tobte. Man schrieb das Jahr 1990. Erinnert ihr euch an das Video zu „Freedom“?
Die Geschichte von Villa Maria begann 1961, als sich ein gewisser George Fistonich im Alter von 21 Jahren von seinen eingewanderten kroatischen Landarbeiter-Eltern zwei Hektar borgte und damit begann, Weinreben zu pflanzen und Trauben zu vergären. Bereits der erste Jahrgang gewann vom Fleck weg zwei Preise.
Der Witz dabei: Fistonich setzte von Anfang an auf trockene Weine als Gratis-Beigabe zu den üblichen süßlichen Kreationen, weil trocken damals völlig chancenlos war und er dennoch an diesen Weintyp glaubte.
Und er beschäftigte sich intensiv mit der hohen Kunst der Cuvéetierung, also dem Verschnitt unterschiedlicher Rebsorten, um möglichst ausbalancierte Weine daraus zu keltern. Höhepunkt der Story war der Aufstieg zur globalen Weinmarke und ein Ritterschlag der Queen.
Um den wackeren Sir Fistonich zu ehren, trinke ich jetzt seine Cuvée, die von Gesetzes wegen gar nicht Cuvée genannt werden muss, weil der Wein zu 95% aus Chardonnay gekeltert wurde. Die restlichen 5% bestehen aus Viognier und Verdello. Letzteres ist eine italienische Traube, die man als Verschnittpartner für den weißen Orvieto aus Umbrien kennt.
Weinletter
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Die Trauben des Private Bin East Coast Chardonnay kommen aus drei unterschiedlichen Anbaugebieten des Landes. Der Großteil aus Gisborne an der Ostküste der Nordinsel. Ganz in der Nähe verläuft übrigens die Datumsgrenze. Das ist zwar nicht weiter wichtig, heißt aber, dass diese Beeren die ersten weltweit sind, die von den Sonnenstrahlen eines neuen Tages geküsst werden. Dieser Umstand macht mich irgendwie sentimental.
Der Saft gluckert goldglitzernd in mein Glas. Wie es sich für einen Supermodelwein gehört. In der Nase cremiger Duft von Joghurt und Camembert. Dann ganz leichte Karamelltöne wie von Werthers Echte-Sahnebonbons. Das weist klar auf den Ausbau im Holzfass hin. Und im Mund? Herrlich-üppige Aromen von Maracuja, Mango und Ananas. Dazu kommen Noten von Brioche, Karamell, weiße Schokolade – alles vom Barrique! Und das ganze wird von einer gekonnt eingeträufelten Säure auf zackigen Schritt gehalten, sodass keine Schwermut aufkommt.
Nein, dieser Wein ist kein öliger Brummer von anno dazumal. Aber er lässt ahnen, welch Revolution das war, als dichter und vollmundig-schmackhafter Chardonnay plötzlich für wenig Geld zu kaufen war. Eine allgegenwärtige Verführung wie die sinnlichen Schönheiten aus der Werbung der 90er-Jahre: Cindy Grawford, Tatjana Patitz, Linda Evangelista usw. Kein Vergleich zu den GNTM-Mädchen von heute.
Klar, es gibt noch viel extremere Beispiele mit wuchtigen Holznoten und überdichtem Tropen-Wumms. Der hier ist ein wohldosierter Geselle, der ahnen lässt, was Weinfreunde damals so toll fanden an den neuen Tropfen aus Kalifornien und Australien, später dann aus Südafrika, Chile und Neuseeland.
Was soll man dazu essen? Ein echtes Retro-Menü! Hummer gekocht mit Cocktailsoße. Oder eine Blutwurst mit karamellisierten Zwiebeln. Der Private Bin Chardonnay hält garantiert jeder Menge Fett und Würze stand.