Der vergessene Sekt

Der vergessene Sekt

Das wichtigste in Kürze

So etwas trinkt man selten: Sekte, die Jahrzehnte auf der Hefe lagen. Ein Zufall macht es möglich.


Er hatte schon so ein komisches Gefühl, als ihn der Vater anwies, die verstaubten Flaschen zu leeren und aus dem alten Zeug Schnaps zu brennen. Aber Florian Lauer gehorchte. Er war der Kapo und ich der Knecht, erzählt der Saarwinzer von jenen Zeiten.

Es war vermutlich das Jahr 2006, als Peter Lauer II. seinen Sohn in den alten Tiefkeller nach Trier schickte, um aufzuräumen. Über die Jahrzehnte hatte sich dort allerlei Gerümpel angesammelt. Leergut und befüllte Flaschen, die niemanden mehr interessierten. Wahrscheinlich war der Inhalt längst verdorben. Florian hebelte die Kronkorken von den Buddeln und eine tiefgelbe Flüssigkeit gluckerte in den bereitgestellten Bottich. Eine Flasche nach der anderen. Aus der Brühe strömten eigenartige Düfte empor, die der Nachwuchswinzer noch nie gerochen hatte. Es war betörend. Plötzlich hielt Florian inne. Er hatte eine Flasche aus dem Jahrgang 1989 in den Händen.


Das, was er da tat, konnte nicht richtig sein, dachte er und begab sich mit der Sektbuddel zum Vater. Unten im Keller lagen noch Hunderte dieser Flaschen herum. Papa, probier mal!


Der Alte war jedoch nicht überzeugt. Frustriert zog Florian wieder ab. Die angebrochene Flasche ließ er in der Küche zurück. Am nächsten Tag nippte Peter Lauer der Ältere aus purer Neugier nochmal an dem dunkelgelben Inhalt. Und war plötzlich schier begeistert. Vater und Sohn beschlossen, die übrigen Flaschen weiter auf der Hefe liegen zu lassen und nach und nach zu degorgieren. Florian Lauer: Die handgelesenen Grundweine wurden in der Regel ein Jahr nach der Ernte in die Flaschen gefüllt, mit Likör versehen und verschlossen. Dann verschwanden sie im Keller für die zweite Gärung und wurden vergessen.


Es waren wohl keine guten Zeiten für Winzersekt. So zog sich die Flaschengärung hin. Über Jahre und Jahrzehnte. Viel länger als selbst bei teurem Jahrgangs-Champagner üblich. Vielleicht hat irgendwer noch eine Zeit lang an der einen oder anderen Flasche gerüttelt. Das weiß niemand so genau. Vater und Sohn Lauer fanden einen Teil kopfüber in der Box. Andere lagen horizontal aufeinander gestapelt. Die Hefe bedeckte den unteren Flaschenrand. Florian: Die beginnen wir jetzt erst zu rütteln.

Weintest

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Ob sie kopfüber oder horizontal dort lagen, ist eigentlich egal, meint Florian Lauer. Sie verändern sich alle gleich. Der Verssektungsprozess ist abgeschlossen. Nur das → Degorgieren fehlt noch und wird jetzt Flasche für Flasche nachgeholt. Je nach Jahrgang füllen wir mit einer Beerenauslese, einer dicken Auslese oder mit dem Rohsekt aus einer anderen Flasche auf, erläutert Lauer die Finalisierung der gehobenen Schätze.

Das ergibt dann Schäumer vom Typus Zero, Extra Brut oder Brut. Das Ergebnis ist ein andächtig machendes Hochamt im Glas. Ich rieche frisch aufgeklaute und geknackte Walnüsse mit feuchtem Waldboden dran. Nicht die geringste Frucht ist zu spüren, nur sehr reife Aromen. Nasses Heu, Baumrinde, ein Stück gut gealterter Blauschimmelkäse, ein Spaziergang neben Eisenbahngleisen, also Metallnoten. In einer anderen Flasche finde ich Weihrauch, Minze und die Kühle eines schneebestreuten Winterwaldes. Im Mund feinste Perlage, Créme, getrocknete Birnenscheiben, getrocknete Orangenzeste, Meersalz, eine Spur Adstringenz, am Gaumen dunkle Säure. Woher kenne ich dieses Gefühl? Richtig: Apfelmost vom Bauern.

Aber hier unendlich viel feiner gesponnen. Und dann kommt die Frucht hervor. Ein gebratener Apfel mit Walnüssen, der sich im langen Abgang einfach nicht verabschieden will. Das soll Riesling sein? Ich glaube es kaum. Diese atemberaubende Delikatesse ist ein Hauptgang, dem man sich besser von Speisearomen ungestört nähert. Am besten nicht alleine, denn dieses Erlebnis schreit nach Gesellschaft, damit man darüber sprechen kann. Die Begeisterung bedarf einer Ableitung. Dazu sind wir Menschen, um solche Freuden zu teilen.


Gemessen am Trinkerlebnis ist der Flaschenpreis, der je nachdem zwischen 40 und 50 Euro liegt, geradezu lächerlich. Manchmal tun mir solche deutschen Winzer leid und ich verfluche dieses Geizland.


Auf jeder Flasche steht das Datum des Degorgements. Sie werden als Deutscher Schaumwein oder Crémant etikettiert. Das hat gesetzliche Gründe, deren Erläuterung dermaßen langweilig ist, dass ich mir die Ausführung spare. Für den Genuss sind diese Informationen sowieso unerheblich. Ich glaube sogar, diese Regelungen dienen nur dazu, einigen Kostgängern des Steuerstaates den Lebensunterhalt zu sichern.


Florian und sein Weingut Peter Lauer stehen für die Spitze der neuen Saar. In einer Reihe mit Van Volxem und Othegraven (Günther Jauch), die den Stars der Region – Egon Müller und Zilliken – ehrgeizig folgen. Mit dem önologischen Schleifstein für die schneidige Saarstilistik in der Hand.

Weinletter

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Jetzt aber zum Thema Klimakiller Rosé. Matthias Bougreau ist Önologe am Centre du Rosé (gehört zum Institute Français de la Vigne et du Vin) in der Provence und bringt Ernst in das Spaßprodukt Rosé. Das ist sein → Facebook-Profil.


90% der provencalischen Weine sind rosafarben. Matthias sagt, die Tendenz zu extrem blassen Roséweinen aus industrieller Produktion ist ein großes ökologisches Problem, denn die Herstellung benötigt permanente Kühlung über viele Monate, bis der Wein abgefüllt ist. Zitat: Das ist ungesund. Wir können kein Produkt haben, das die Umwelt respektiert, wenn es sechs Monate lang bei vier Grad Celsius aufbewahrt wird.


Die Mehrzahl der Roséweine stammt aus maschineller Lese. Das bricht die Trauben auf, die sofort anfangen zu oxidieren und zu mazerieren. [Mazeration ist die Gewinnung von Extrakten durch Ziehenlassen von Pflanzenteilen in Flüssigkeiten wie Alkohol, Öl oder Wasser.]


Je mehr Mazeration stattfindet, desto massiver muss die Farbe korrigiert werden, die aus den roten Traubenschalen in den Most gerät, wenn man elegant wirkenden Rosé erzeugen will. Deshalb werden vor und nach der Gärung aggressive Schönungsmittel zum Farbmanagement eingesetzt.


Die Farbpigmente von Wein stecken in Polyphenolen. Diese Verbindungen helfen auch, ihn vor Oxidation zu schützen. Je massiver diese Polyphenole durch Kaltklärung, Schönung und Filtration aus einem Wein entfernt werden, desto anfälliger wird er für Oxidation. Er benötigt dann mehr Zusätze – normalerweise Schwefel, aber auch Ascorbinsäure (Vitamin C) und bestimmte Hefen.


Das klingt alles nicht gut. Noch schlimmer aus ökologischer Sicht ist jedoch die Kühlung, die erforderlich ist, um sehr helle Rosés in warmen Regionen herzustellen. Die meisten Winzer nutzen die Temperaturkontrolle für verschiedene Weinstile: zur Klärung der Moste, zur Vermeidung von Oxidation und zur Sicherstellung einer bestimmten Gärdynamik. Blasser Rosé aus warmen Regionen erfordert aber viel mehr Kühlung während der gesamten Herstellung als jeder andere Weintyp.

Überschrift H3

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