- Land: Frankreich
- Region: Loire
- Hersteller: Domaine de la Villaudière
- Typ: Weißwein
- Geschmacksrichtung: trocken
- Rebsorte: Sauvignon Blanc
Diese Überschrift ist natürlich ein Witz, denn es geht um Feuerstein, den man manchmal beim Anzünden einer Fluppe und in den Weinen aus Centre-Loire riecht und schmeckt.Der Captain wandelte heute durch seinen Heimat-Kiez Berlin-Charlottenburg, um diverse Erledigungen zu machen, und wunderte sich über das gar nicht lockdownmäßige Treiben auf den Straßen. Nicht die Spur von Stillstand allerorten. War das nicht anders geplant? Und während er auf seiner Passage den eilig Entgegenkommenden auswich, überlegte er im Kopf, welchen Abendwein er dir heute servieren soll.
Als eine junge Frau mit angeleintem Hund und lässig nach unten hängender Fluppe zwischen den rot bemalten Lippen durchs Bild eilte, wusste er die Antwort. Voilá, hier steht sie: Silex Sancerre aus der Domaine de la Villaudière in der Region Centre-Loire südöstlich von Orléans, wo die Loire nach Westen abknickt, um ihre Fracht Hunderte Kilometer weiter in den Atlantik zu gießen. Sancerre und Pouilly-Fumé sind die berühmtesten Appellationen. Sauvignon Blanc heißt die Leitrebsorte, flankiert von etwas Chasselas. Eine Menge kleiner Familienbetriebe ist (oder sind?) hier ansässig.
Einer davon ist das oben genannte Weingut der Familie Reverdy, derer es viele gibt, weshalb man auf die Vornamen achten sollte, um niemanden zu verwechseln. Die da wären: Jean-Marie (Bild oben) und Catherine Reverdy und die beiden Söhne Guillaume und Baptiste. Wer von den Brüdern da mit Vater im Keller steht, konnte ich leider nicht herausfinden. Winzer sollten sich allmählich angewöhnen, ihre Bilder auf Facebook mit Erklärungen zu versehen. Das gilt auch für die deutschen Kollegen.
Auf diesem Bild siehst du, wie es in Centre-Loire aussieht. Könnte auch die Langhe sein oder Südsteiermark, ist aber tatsächlich original Centre-Loire.
So ein paar Hügel heben einfach wunderbar die Stimmung. Ist wohl irgendein evolutionärer Impuls aus dem Neolithikum, als die Menschen erkannten, dass man aus gehobener Position das Jagdwild leichter erspäht.
Doch die Weißen von der Loire sind weniger Fleisch- als Fischweine, weshalb der Captain jetzt eine erfahrene Sommelière zu Rate zieht: Christine Balais ist Weinbotschafterin von Centre-Loire und sie erklärt uns jetzt, wozu mein Abendwein und viele andere Weiße der Region am besten passen: „Centre-Loire ist Ziegenkäseland! Ziegenkäse von frisch bis reif passt fantastisch zu den Sauvignons aus Centre-Loire. Und zu allen Sorten von Salat mit nicht zu säurehaltigem Dressing.
Natürlich auch zu hellem Fleisch und besonders zu gedünstetem Fisch mit Beurre Blanc, also Schalotten in Weißwein geschmolzen und als Sauce mit Butter montiert. Im Gegensatz zu Weinen aus vielen anderen Regionen macht das den Tropfen aus Centre-Loire nichts aus. Die Butter puffert die Säure ab und der Wein schmeckt weicher.“
Weinletter
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Apropos Jungsteinzeit, damals wurde auch die Verwendung des Feuersteins populär, was mich wieder zurückwirft zu Hund, Frau, Fluppe und zum eigentlichen Thema lenkt, nämlich dem Namen meines Abendweins: Silex. Das heißt Feuerstein, der im Sancerre zuhauf im Boden verbuddelt ist und vielen Weinen von hier eine rauchige Mineralik verleiht.
Nun weiß jeder, der mein Geschreibsel einigermaßen nüchtern verfolgt, dass der Captain gerne Blasen zum Platzen bringt. Unter anderem auch jene, in der die romantische Vorstellung durch den Äther torkelt, dass was im Wein nach Stein schmeckt auch selbiger ist. Sorry, ich höre schon auf und verweise auf → hier.
Und so schmeckt der Silex Sancerre: Im Glas glänzendes Messing. In der Nase floral und reife gelbfruchtige Noten. Ich rieche viel mürben Apfel, zerbissene Apfelkerne, ein frisch gezapftes Pils und jenen Feuersteinrauch, der dem Wein seinen Namen gibt, aber nur ganz zart. Im Mund sehr milde Säure (untypisch für Sancerre), irre saftig und würzig mit eleganten Bitternoten und vegetabilen Aromen, die der Frucht Kontra geben. Am Gaumen weißer Pfeffer und schmelzige Textur mit einem Quentchen Süße. Dieser Wein hat opulente Substanz und spendet Freude.
Zum Abschluss noch Grundsätzliches zur Rebsorte: Ein klassischer Sauvignon Blanc ist im ersten Moment nichts für empfindsame Geruchsnerven. Das Odeur kann ziemlich scharf und durchdringend sein, nicht selten dominiert von einer Note, die auch in der offiziellen Weinsprache als Katzenpipi beschrieben wird. Doch der Duftschock weicht recht bald einer erstaunlichen Aromenpalette, die unter anderem Paprika, Johannisbeeren, Stachelbeeren, Spargel sowie weitere pflanzliche Kräuternoten umfassen kann. Zwar stammt der Wein ursprünglich aus Frankreich und ist an der oberen Loire noch immer die wichtigste Rebsorte, doch der internationale Markt wird von Sauvignon Blanc aus Neuseeland dominiert, wo ein auf langer und kühler Gärung basierender Stil kultiviert wird, der dem Wein intensive exotische Fruchtaromen verpasst. Der eher klassische Stil mit deutlich mineralischer Ausprägung wird außer an der Loire vor allem in der Steiermark gepflegt. Auch in Deutschland hat sich mit etwas Verspätung eine kleine, aber interessante SB-Kultur etabliert, die – begünstigt von der Klimaerwärmung – auf rund 1.500 Hektar gelegentlich aufregende Weine hervorbringt.